Er kam mit dem Schlauchboot mitten aus der Hölle: Feras Rashid flüchtete im August 2015 vor dem syrischen Bürgerkrieg und dem Terror des Assad-Regimes. Sein gefährlicher Weg führte ihn vom damals schwer umkämpften Aleppo über die griechische Insel Kos bis nach Kassel, wo er mit Ehefrau Nazly (32) ein neues Leben begann.

BILD-Vize Paul Ronzheimer (39) hat Feras über viele Jahre hinweg begleitet – und am Sonntag mit dem Syrer über das Ende der Herrschaft von Baschar al-Assad (59) und die Zukunft Syriens gesprochen.

In Paul Ronzheimers Podcast sprach Feras Rashid offen über all das, was ihn und andere Syrer jetzt gerade tief bewegt.

„Wir haben kaum geschlafen“

„Wir waren die letzten Tage sehr aufgeregt, haben gestern kaum geschlafen.“ Als seine Frau am Morgen zu ihm sagte: Assad ist weg, konnte er es erst kaum glauben. Dann spricht er über die vielen emotionalen Momente, die sich gerade in Syrien abspielen: „Familien, die sich umarmen. Menschen, die das erste Mal offen sprechen können, Gefangene, die das erste Mal das Sonnenlicht sehen können. Ein neues Kapitel in der Geschichte von Syrien fängt an“, hofft er.

Er berichtet über Menschen, die auf den Straßen tanzen, die weinen, die stolz und hoffnungsvoll über die Zukunft sprechen. Die große Hoffnung vieler Syrer, die auch er teilt: Dass die Stabilität im Land gewahrt bleibt und es nicht zu Machtkämpfen kommt.

„Man dachte, dass es wenig Hoffnung gibt“

Dabei hatte es bis vor Kurzem noch ganz anders ausgesehen. Auch Feras Rashid hat den so schnellen Zusammenbruch des Assad-Systems nicht kommen sehen. Er sagte im Podcast: „Das war auf jeden Fall eine Wende. Fast ganz Syrien war unter Kontrolle von Assad. Ein brutales Regime, bekannt für Unterdrückung, Folter, Massenmord und Kriegsverbrechen. Das hat das Leben von Hunderttausenden gekostet, Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Deswegen dachte man, mit Unterstützung von Iran und Russland gibt es wenig Hoffnung.“

Kehren die Flüchtlinge jetzt wieder zurück?

Feras ist da ganz klar: „Viele sprechen schon von einer Rückkehr nach Syrien. Vor allem, wenn die Sicherheit und die Lebensgrundlagen gewährleistet sind. Viele warten noch ab, wie sich die Lage entwickelt. Meines Erachtens sind die kommenden Monate entscheidend. Es ist vielleicht auch eine Lösung für die Flüchtlingskrise, die Europa momentan erlebt.“

Es werde für viele natürlich aber auch schwer zurückzukehren, weil sie sich in Deutschland etwas aufgebaut haben und in Syrien wieder bei null anfangen müssten.

Ob die möglichen neuen Machthaber alle Islamisten sind und eine Art Kalifat errichten wollen, ist für den Mann aus Aleppo jetzt bisher nicht zu beantworten – die Freude über den Regime-Sturz überwiegt. Man sei gespannt, wie sich die Lage entwickelt, man werde das erst in den nächsten Monaten erfahren. Jetzt gehe es erst um eine Übergangsregierung, den Aufbau von Demokratie und einer unabhängigen Justiz, sagt er voller Optimismus.

Kaum vorstellbar: Seine Eltern hat Feras vor zehn Jahren gesehen. Für ihn war es zu gefährlich, heimzufliegen. „Jetzt kommt es für mich wieder infrage“, sagt er überglücklich.