Am Samstag warnte Kanzler Olaf Scholz vor zu viel Waffen-Hilfe für die Ukraine. Am Montagmorgen kam er zum Überraschungsbesuch in Kiew an.
Scholz schwor, die Ukraine „kann sich auf Deutschland verlassen“ und verspricht „weitere Waffen“. Mit Selenskyj besuchte er schwer verwundete Soldaten im Krankenhaus. Die Opposition und sogar der Koalitionspartner wittern ein Wahlkampf-Manöver.
Wem soll der Besuch also wirklich helfen: Der von Russland überfallenen Ukraine? Oder dem wahlkämpfenden Kanzler?
Zeitpunkt
Die Ukraine steht militärisch massiv unter Druck, braucht jede Waffe, die sie bekommen kann. Scholz kann mit dem Besuch den Vorwurf kontern, im Wahlkampf die Ukraine fallenzulassen. Und: Er kommt CDU-Chef Friedrich Merz (69) zuvor, der ebenfalls nach Kiew eingeladen wurde. Kein Zufall, vermutet die Union. Laut Kanzleramt war die Scholz-Reise jedoch lange geplant.
Die „Kyiv Post“ schrieb kühl: „Angesichts des innenpolitischen Drucks und einer bevorstehenden Vertrauensfrage reist Bundeskanzler Scholz nach Kiew – sein erster Besuch seit zweieinhalb Jahren.“
Verhandlungen
Die Ukraine wartet gebannt auf den Wiedereinzug von Donald Trump (78) ins Weiße Haus (20. Januar) – und die Enthüllung des großen Friedensplans. Selenskyj hofft auf die Unterstützung von Scholz, der immer wieder betont, es dürfe keine Entscheidungen „über die Köpfe der Ukrainer hinweg“ geben (z.B. Gebietsabtritte).
Waffen
Scholz versprach „weitere Rüstungsgüter mit einem Wert von 650 Mio. Euro, die noch im Dezember geliefert werden sollen“. Alte Kamellen, sagen CDU und Grüne. Die Waffen habe Scholz der Ukraine bereits im Oktober versprochen, sagt Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer (45) zu BILD. CDU-Haushälter Ingo Gädechens (64) zu BILD: „Er will damit den Eindruck erwecken, als ob er weitere 650 Millionen Euro zur Verfügung stellt.“
Persönliches Verhältnis
In Kiew wurde der Kanzler als erster Regierungschef seit Kriegsbeginn mit militärischen Ehren empfangen. Ein für 30 Minuten angesetztes vertrauliches Gespräch dauerte zweieinhalb Stunden. Zwei Anzeichen, dass der Ukraine-Präsident auf den Kanzler setzt. Aber auch, dass die Verzweiflung in Kiew nach fast drei Jahren Krieg immer größer wird.
Fazit: Der Kanzler bringt keine neuen Waffen für die bedrohte Ukraine, beim Taurus-Nein bleibt er hart. Sein Wahlkampf dürfte in Kiew mit großer Skepsis gesehen werden. Aber: Kurz vor Trumps Amtsantritt kann Selenskyj sich seine Verbündeten nicht aussuchen, vermied harte Kritik an Scholz.