Silvester und Sekt, das ist eine traditionsreiche Verbindung. Schon seit dem 19. Jahrhundert wird der Jahreswechsel hierzulande mit Perl- und Schaumwein gefeiert. Historiker vermuten als Grund die einstige Ausnahmestellung von Sekt als Luxusgut. Über das Jahr nur den Reichen vergönnt, sollte beim Rest des Volkes zumindest an einem Tag etwas Besonderes im Glas sein.
Dass Sekt dann mit der Etablierung der einfachen Tank- statt der aufwendigen und damit teuren Flaschengärung zum Massenprodukt geworden ist, hat seinem Charme und seiner Stellung bei feierlichen Anlässen offenbar nicht geschadet. Jedenfalls sind Sekt und Champagner Umfragen zufolge noch immer die beliebtesten Silvestergetränke der Deutschen.
Kaum verwunderlich also, dass der Dezember der mit Abstand wichtigste Monat für die Branche ist. Laut dem Verband Deutscher Sektkellereien (VDS) wird im Schnitt jede siebte Flasche im Silvester- und Weihnachtsmonat verkauft. „Sekt wird mit besonderen Momenten, Geselligkeit und der damit verbundenen ausgelassenen Stimmung und Lebensfreude assoziiert“, erklären Wissenschaftler der Hochschule Geisenheim.
In einer vom Sektverband in Auftrag gegebenen Studie mit mehr als 1600 Teilnehmern haben sie ein Konsumentenprofil für das prickelnde Getränk erstellt. Die Ergebnisse: Sekt wird eher gelegentlich getrunken, anders als zum Beispiel Bier oder Wein. Nur zwölf Prozent der Befragten greifen wöchentlich zum Sektglas, mehr als 50 Prozent dagegen seltener als einmal im Monat.
Mit Abstand häufigster Konsumort für Sekt ist das eigene Zuhause, gefolgt vom Besuch bei Freunden und Familie. Geschätzt werde vor allem der soziale Aspekt des Anstoßens, berichten die Forscher, die zudem einen altersübergreifenden Charakter festgestellt haben. Auch VDS-Geschäftsführer Alexander Tacer sagt: „Vor allem junge Menschen empfinden den Sekt als Bindeglied zwischen den Generationen.“
Speziell die jüngeren Zielgruppen entschieden sich dabei zunehmend für alkoholfreie Varianten, meldet der Kellereiverband. 2024 habe die Wachstumsrate für dieses Segment wie schon im Vorjahr bei zehn Prozent gelegen. Der Gesamtkonsum indes ist seit etlichen Jahren rückläufig – meist zwar nur leicht, dafür aber kontinuierlich.
Das gilt auch für 2023, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen. 267 Millionen Liter Schaumwein wurden demnach in Deutschland verkauft. Im Durchschnitt hat damit jeder Bundesbürger ab 16 Jahren fünf Dreiviertel-Liter-Flaschen Sekt, Prosecco oder Champagner konsumiert, das sind umgerechnet 37 Gläser à 0,1 Liter.
Verglichen mit dem Vorjahr ist das nur ein Glas weniger. Mittelfristig dagegen steht ein deutliches Minus in der Statistik. So lag der Pro-Kopf-Konsum zehn Jahre zuvor noch bei 6,2 Flaschen oder 46 Gläsern und damit 17 Prozent höher.
Dass die Behörden so genau über die Mengen Bescheid wissen, liegt an der Schaumweinsteuer. Sie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingeführt, um die kaiserliche Kriegsflotte zu finanzieren. Heute fließen die Mittel in den Bundeshaushalt. 2023 waren das 361 Millionen Euro, der Anteil am gesamten Steueraufkommen liegt damit bei 0,04 Prozent.
Trotz der rückläufigen Entwicklung ist Deutschland weiterhin der weltweit größte Absatzmarkt für Schaumwein. Als Produzent liegt die Bundesrepublik hinter Italien und Frankreich auf Platz drei.
Die absatzstärkste Marke ist Rotkäppchen, gefolgt von Freixenet, Mumm und Fürst von Metternich. „Neben den etablierten Marken sehen wir aber auch einen Aufschwung von Winzersekten“, sagt VDS-Chef Tacer, der von einer „Qualitätsoffensive“ spricht. Vor allem ältere Generationen würden weniger, aber dafür hochwertigeren Sekt trinken.
Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie über Recycling und Mittelstandsunternehmen.