Schauriger Fund im Irak: Archäologen und Forensiker haben begonnen, ein Massengrab aus den 1980er-Jahren abzutragen. Erst jetzt wird klar, wessen Leichen dort verscharrt wurden: Es sind mindestens 100 Frauen und Kinder in kurdischer Frühlingskleidung.

Der Fundort befindet sich etwa 15 bis 20 Kilometer entfernt von der Hauptstraße in Tal al-Schaichia (Provinz Muthanna) und ist seit 2019 bekannt. Die Frauen und Kinder wurden vor knapp 40 Jahren unter der Herrschaft von Saddam Hussein getötet, vermutet der Leiter der irakischen Behörde für Massengräber, Diaa Karim.

Die Ausgrabungen offenbaren Spuren eines Massakers: Ein großer Teil der Frauen und Kinder sei per Kopfschuss aus kurzer Distanz getötet worden, sagte Karim. Bei anderen werde vermutet, dass sie „lebendig begraben“ wurden.

Ein schreckliches Detail nennt der Leiter des Ausgrabungsteams für Massengräber im Irak, Ahmed Kusai: Die sterblichen Überreste seien teils eng miteinander verbunden, „da einige Mütter ihre Säuglinge hielten“, als sie umgebracht wurden.

Wahrscheinlich stammten die Toten aus Kalar in der nördlichen Provinz Sulamanij, die heute Teil der autonomen Region Kurdistan im Irak ist, sagte Karum. Es seien „nicht weniger als 100“ Menschen dort begraben worden. Die Zahl könne sich während der Exhumierungen ändern.

Zwischen 1987 und 1988 hatte Saddam Hussein im Zuge der „Anfal“-Kampagne fast 180.000 irakische Kurden töten und 3000 ihrer Dörfer zerstören lassen. Hussein wurde nach seinem Sturz im Jahr 2003 wegen der blutigen Anfal-Kampagne 1987 und 1988 wegen Völkermords angeklagt. 2006 wurde er wegen anderer Verbrechen gehängt.

Bei Beginn der Exhumierungen in Tal al-Schaichia soll ein zweites Massengrab gefunden worden sein. Es befinde sich nahe dem berüchtigten Nugrat-al-Salman-Gefängnis, wo unter Saddam Hussein Dissidenten inhaftiert worden waren. Die irakische Regierung schätzt, dass infolge der Gräueltaten des Diktators zwischen 1980 und 1990 rund 1,3 Menschen verschwanden.